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Würzburgs Verkehr: Ein emotionales Thema

05/06/2025

Wie mobil sind Würzburgs Bürgerinnen und Bürger? Mit welchen Verkehrsmitteln legen sie ihre Wege zurück? Und wie zufrieden sind sie mit der Verkehrssituation? Fragen wie diese hat eine Studie der Uni Würzburg untersucht.

Wo Autos, Fahrräder und Fußgänger aufeinandertreffen, sind Konflikte vorprogrammiert. Das zeigt eine jetzt veröffentlichte Studie auch für Würzburg.
Wo Autos, Fahrräder und Fußgänger aufeinandertreffen, sind Konflikte vorprogrammiert. Das zeigt eine jetzt veröffentlichte Studie auch für Würzburg. (Image: Ugur Yurdagül)

Für das Projekt hat der Lehrstuhl für Methoden für Quantitative Empirische Sozialforschung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) in Kooperation mit der Stadt Würzburg im Sommer 2023 Würzburger Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt. 8.000 zufällig über das Einwohnermeldeamt ausgewählte Haushalte waren dafür angeschrieben worden, fast 3.000 von ihnen haben den umfangreichen Fragebogen ausgefüllt und an das Projektteam zurückgeschickt.

Ein Thema, bei dem alle mitreden wollen

Schon diese überdurchschnittlich hohe Rücklaufquote von 38,6 Prozent zeigt: „Das Thema hat für die Menschen in Würzburg eine hohe Bedeutung“, sagt die Projektleiterin und Inhaberin des Lehrstuhls Christiane Gross. Überraschend groß war auch die Bereitschaft, in den Fragebogen Kommentare, wie die oben angeführten, einzutragen. Ein Beweis dafür, „dass die Menschen bei diesem Thema unbedingt mitreden wollen“, so die Professorin.

Erste Erkenntnisse und die wichtigsten Daten hat das Projektteam Mitte 2024 den Mitgliedern des Stadtrats und der Öffentlichkeit vorgestellt. In einem zweiten Schritt haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun die schriftlichen Anmerkungen der Befragten unter die Lupe genommen. Keine einfache Arbeit, wie Micha Pastuschka sagt. Immerhin sei das Dokument sämtlicher Kommentare 120 Seiten stark gewesen. „Und wir haben natürlich jede einzelne gelesen“, so der Projektmitarbeiter. Diese Auswertung hat das Team jetzt im Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschuss der Stadt der Öffentlichkeit präsentiert.

Die wichtigsten Ergebnisse

Bis in die einzelnen Stadtteile hinein hat das Projektteam die Fragebögen ausgewertet. Dementsprechend reich an Zahlen sind die Ergebnisberichte, welche auf der Webseite des Lehrstuhls heruntergeladen werden können. Hier eine Auswahl der wichtigsten Daten:

  • Einen Pkw und 1,5 Fahrräder besitzt im Durchschnitt jeder Haushalt in Würzburg. Die Gehzeit zur nächsten Bus- oder Straba-Haltestelle beträgt durchschnittlich 4,3 Minuten.
  • In 88,9 Prozent legen die Befragten ihre jeweiligen Wege mit nur einem Verkehrsmittel zurück. Die Wegedauer beträgt dabei im Median 15 Minuten – das bedeutet: Jeweils die Hälfte aller zurückgelegten Wege ist länger oder kürzer als dieser Wert. Die durchschnittliche Wegedauer beträgt 24 Minuten. 9,4 Kilometer lang sind im Durchschnitt die zurückgelegten Wege; der Median liegt bei 3,0 Kilometern.
  • 36,4 Prozent der zurückgelegten Wege entfallen auf den Heimweg. Zur Arbeit, Schule oder Ausbildung sowie dienstlich begründet sind 26,4 Prozent. Es folgen private Erledigungen, wie beispielsweise der Einkauf, mit 16 Prozent sowie Wege in der Freizeit mit 15,6 Prozent.
  • Dabei greifen Menschen in Würzburg zum überwiegenden Teil auf das Auto zurück. Der Anteil des sogenannten „Motorisierten Individualverkehrs“ liegt bei 37,1 Prozent. Immerhin 24,3 Prozent aller Wege werden zu Fuß erledigt und exakt 20,9 Prozent mit Öffentlichen Verkehrsmitteln, wie beispielsweise der Straßenbahn (10,8 Prozent) oder dem Bus (8,1 Prozent). Auf dem letzten Platz landet das Fahrrad, das für 17,7 Prozent aller Wege benutzt wird.
  • Nicht alle Befragte waren am Stichtag mobil: Gut zehn Prozent von ihnen haben an diesem Tag das Haus nicht verlassen. Und immerhin 14,1 Prozent waren im Homeoffice.

Was die Zahlen und Anmerkungen sehr deutlich zeigen: „Die Wahl des Verkehrsmittels und die Inhalte der Kommentare unterscheiden sich stark unter den einzelnen Personengruppen“, erklärt Micha Pastuschka. Beispielsweise nutzen Studierende überdurchschnittlich häufig Bus und Straba, beschweren sich aber seltener über hohe Ticketpreise. Kein Wunder: Dank des Semestertickets können sie sich relativ günstig fortbewegen. Dafür wünschen sich Studierende häufig mehr und bessere Verbindungen – vor allem in der Nacht. Ein Gegenbild findet sich bei Seniorinnen und Senioren: Für sie spielen finanzielle Aspekte teilweise eine größere Rolle; dafür stehen Nachtbusse nicht zuoberst auf ihrer Wunschliste.

Überrascht von der hohen Emotionalität

20,9 Prozent ÖPNV-Anteil: Damit stehe Würzburg im Vergleich mit anderen Städten ähnlicher Größe gut da, sagt Pastuschka. Und auch der Fahrrad-Anteil von 17,7 Prozent sei nicht schlecht – für eine Stadt mit mehr als 30.000 Studierenden allerdings eher niedrig. Dass der Anteil nicht höher ist, sei vermutlich auf Würzburgs Topographie zurückzuführen – und auf die Lage des Uni-Campus am Stadtrand mit einer langen und steilen Anfahrt.

Überrascht war das Forschungsteam von der hohen Emotionalität, die sich in den Anmerkungen der Befragten äußert. Diese kamen aus allen Gruppen und zeigen, dass viele Konflikte zwischen ihnen bestehen. „Da spiegelt sich deutlich der Kampf um Platz und Raum wider, vor allem in der Innenstadt, wo die Probleme geballt auftreten“, sagt Christiane Gross.

Wie die Verantwortlichen in der Stadt damit umgehen sollen: Dazu macht die Studie keine Aussage. „Wir geben keine Empfehlungen ab, sondern zeichnen ein repräsentatives Bild der Mobilität der Würzburger Bewohnerinnen und Bewohner“, so Gross. Dennoch sind die Ergebnisse des Projekts nicht dafür gedacht, in der Schublade zu verschwinden. Sie sind vielmehr eine wichtige Grundlage eines Mobilitätsplans, der von der Stadtverwaltung mit Begleitung eines Fachbüros sowie unter Einbindung des Stadtrats und aller interessierten Bürgerinnen und Bürger aktuell erstellt wird.

Für den Weg zu einer sozial nachhaltigen Mobilität liefert die Mobilitätsbefragung die notwendigen Daten in einer bislang in Würzburg nicht vorhandenen Tiefe. „Wir haben alle Bevölkerungsgruppen erreicht, alle Anmerkungen gelesen und alle Informationen im Detail ausgewertet“, sagt die Professorin. Die Studie kann zukünftig von politischen Vertreterinnen und Vertretern als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden.

Links

Informationen zum Forschungsprojekt

Der Ergebnisbericht

Kontakt

Prof. Dr. Christiane Gross, Lehrstuhl für Methoden der Quantitativen Empirischen Sozialforschung, T: +49 931 31-89418, [email protected]

By Gunnar Bartsch

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